- vietnamesische Musik
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[viɛt-]. Die seit dem 10. Jahrhundert historisch fassbare vietnamesische Musik ist von der indischen und der chinesischen Musikkultur geprägt. Bis ins 15. Jahrhundert überwogen eher die indischen, bis zum 18. Jahrhundert dann die chinesischen Einflüsse, während sich vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart - im Kontakt auch mit der Musik des Abendlandes - ein verhältnismäßig eigenständiger nationaler Stil herausbildete. Der musikalische Synkretismus Hinterindiens spiegelt sich sowohl im vietnamesischen Instrumentarium als auch in den Gattungen der Volks- und Kunstmusik wider. Zu den archaischen Musikinstrumenten chinesischer Herkunft gehören die Mundorgel (senh) und die Klangplattenspiele aus Stein (bien khanh) oder Metall (huyen phuong huong). Dem indischen Kulturraum entstammt die zweifellige Trommel (trong com). Indische Musizierpraxis verpflichtet sind die traditionellen improvisatorischen Vorspiele (rao beziehungsweise zao) sowie die rhythmischen Formeln als Basis der stets binären, gelegentlich polyrhythmischen zeitlichen Strukturierung.Die vietnamesische Musik beruht auf einer halbtonlosen pentatonischen Skala, bestehend aus den neun Tönen ho-xu-xang-xe-cong-liu-u-xang-xe (angenähert temperiert: c-d-f-g-a-c'- d ́ -f'-g'), aus denen zwei-, drei-, vier- und fünftönige Skalen mit oder ohne zusätzliche Zwischentöne gebildet werden. In der Kunstmusik beherrschen zwei modale Typen (bac, Fröhlichkeit ausdrückend, und nam, Ruhe und Melancholie provozierend) in vielfältiger Differenzierung die Musik, dabei dem Prinzip des indischen Raga näher stehend als den abendländischen Tonarten. Die rituellen Gattungen der Hofmusik (quan nhac, nha nhac oder nhac dai noi) von Huê sind heute ebenso vom Aussterben bedroht wie die traditionelle Theatermusik (hat tuong, hat boi), während die volkstümliche Kultmusik (buddhistisch und caodaistisch) und die regional unterschiedliche Unterhaltungsmusik weiterleben. Unter westlichem Einfluss ist die »erneuerte Musik« (nhac cai cach) entstanden, die auch der Theatermusik (hat cheo im Norden, hat cai luong im Süden) Auftrieb gab.Pham Duy: Musics of Vietnam (Carbondale, Ill., 1975);Văn Khé Trân: Die Musik Vietnams (a. d. Frz., 1982).
Universal-Lexikon. 2012.